9.3.2024–16.6.2024
Tanz ins Zwanzigste
Kunst aus dem Fundus LETTER Stiftung Köln
Museum der Stadt Worms im Andreasstift

Mit der Ausstellung „Tanz ins Zwanzigste“ widmen sich das Museum Andreasstift und das Museum Heylshof der Darstellung des modernen Tanzes in der Bildenden Kunst.

Die Schau dokumentiert die Entwicklung vom Ende des 19. bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts. Gezeigt werden Skulpturen und Druckgrafiken aus der Sammlung der Kölner LETTER Stiftung.

Sie verbannten Ballettschuhe und Tutu in den Schrank und traten barfuß auf. Wegbereiter des modernen Tanzes wie Isadora Duncan, Rudolf von Laban oder Mary Wigman brachen mit bürgerlichen Konventionen und auch in den Nachtclubs und Tanzlokalen der Großstädte war ein Hauch von Rebellion zu spüren, wenn die Frauen in kniefreien Kleidern übers Parkett wirbelten.

Hundert Jahre ist es her, dass in den Goldenen Zwanzigern Kreativität und Lebensfreude einen neuen Ausdruck im Tanz fanden. Anlässlich dieses Jubiläums beleuchtet die Ausstellung die Entwicklung des Tanzes in dieser Zeit. „Tanz ins Zwanzigste“ zeigt mit zahlreichen Exponaten, wie der Tanz gesellschaftliche Entwicklungen reflektierte und Kunstschaffende inspirierte, tänzerische Ausdrucksformen in Skulpturen und Grafiken zu übertragen. Die Bestände der gemeinnützigen LETTER Stiftung zu diesem Thema werden in mehreren deutschen Städten gezeigt, unter anderem in Worms.

Ergänzt werden die Kölner Exponate durch eine Auswahl kunstgewerblicher Objekte aus der Sammlung des Mannheimer Kulturhistorikers Wolfgang Knapp, die im Weißen Saals des Andreasstifts zu sehen sind. Porzellanfiguren, Graphiken, Schatullen und Tanzschuhe vermitteln einen Eindruck, wie sich der Tanz in der häuslichen Wohn- und Populärkultur der 1910er bis 1970er Jahre widerspiegelt.

Das Besondere am Tanz: Er existiert nur für einen Augenblick und ist die flüchtigste aller Kunstformen. Diese Vergänglichkeit, Leichtigkeit und Anmut inspirierten seit Jahrhunderten Kunstschaffende. Sie verewigten die dynamischen Bewegungen auf dem Papier oder gossen sie in Bronze.

Die Sonderausstellung „Tanz ins Zwanzigste“ zeigt, wie das gewandelte gesellschaftliche Selbstverständnis angesichts zunehmender Industrialisierung und rasanter Urbanisierung nicht zuletzt auch in einer neuen Tanzkultur mündete. Berühmte Bühnen- und Schleiertänzerinnen entwickelten aus dem strengen Kanon des klassischen Balletts freiere, natürlichere Bewegungsformen, die schließlich im Ausdruckstanz ihren Höhepunkt fanden.
Die Kunstschaffenden feierten auch die neue Freiheit des Körpers und stellten das bewegte Tanzmotiv in Bildhauerei oder Malerei und Grafik dar. Zu ihnen gehörte unter anderem Leo Rauth, der sich vom Münchner Jugendstil anregen ließ. Seine plakativen Werke zeigen Szenen aus Varieté und Karneval, wie eine spärlich bekleidete Tänzerin im Krinolinenrock. Zwei Bronzen von Rudolf Kaesbach stellen zwei junge Frauen dar, die ausgelassen barfuß tanzen.

Die neuen gesellschaftlichen Strömungen beeinflussten auf vielfältige Weise den tänzerischen Ausdruck. Auch die Kenntnisse anderer Kulturen, vermittelt durch Weltausstellungen und Reisen, wirkten prägend. Außerdem äußern sich in den Bewegungsformen ein wachsender Zweifel am Fortschritt und eine neue Zivilisationskritik, wie sie zum Beispiel die Lebensreformbewegung übte. Ihre Vertreter propagierten um 1900 den Tanz in freier Natur.