Er sieht aus, als ob er weinen würde. Der kleine Barockengel, sonst pausbackig und keck, wurde im Juli 2021 unter Schlammschichten aus Sediment, Fäkalien und Öl geborgen. Feuchtigkeit führte zu Schimmelausblühungen, gleichsam Tränen, die seine Wange benetzten. Knapp 2.800 Objekte aus dem Depot des Stadtmuseums Bad Neuenahr-Ahrweiler und Dutzende weitere Kulturgüter und Museumsobjekte aus dem Ahrtal teilten sein Schicksal in der Flutnacht vom 14. auf den 15. Juli und den Tagen und Wochen darauf ...
Und ein Jahr später? ... ist nichts wie zuvor, die Flut hat ihre Spuren hinterlassen und doch gibt es Lichtblicke: Die Kulturgutrettung ist in vollem Gange, die ersten Museumsobjekte sind bereits restauriert und kehren nach Ahrweiler zurück. Auch der Engel erstahlt wieder! Vom Überleben, Erinnern und Hoffen auf den Neuanfang – davon zeugen die vier Ausstellungen, die im Juli anlässlich des Jahrestags der Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen eröffnet werden:
Im Erkenbert-Museum Frankenthal werden Fotografien, Geschichten und von Betroffenen geschaffene Objekte ausgestellt. Im Mittelpunkt steht die kreative Bewältigung der Krise und der Appell an Solidarität. Auch im Arp Museum Bahnhof Rolandseck bietet man Künstler*innen aus der Region ein Forum und zeigt neben Kunstwerken, die die Flut überlebt haben, Werke, die sich mit der Flutkatastrophe und einem Neuanfang auseinandersetzen.
Retten, bergen, löschen, schützen – das feuerwehr erlebnis museum Hermeskeil rückt das Thema Kulturgutrettung im Allgemeinen und die vielen freiwilligen Helfer*innen im Ahrtal im Besonderen in den Fokus. Während in der Ahrweiler Bäder-Partnerstadt Bad Salzuflen aus der Flut gerettete und zum Teil restaurierte Objekte ausgestellt werden – darunter auch drei Objekte, die mithilfe des Museumsverbands Rheinland-Pfalz restauriert werden konnten.
Arnold Beuke, der Kurator der Ausstellung in Bad Salzuflen erklärt seine Motivation, eine Ausstellung zur Flutkatastrophe im Ahrtal zu machen:
Neben zahlreichen Gebäuden und essentieller Infrastruktur ist auch das dortige Museumsdepot fast vollständig zerstört worden. In Bad Salzuflen gibt es daraus gerettete und restaurierte Objekte sowie Impressionen der Situation vor, während und nach der Flut zu sehen. Auch an Verlorenes soll dabei erinnert werden, denn die Vernichtung von Kulturgütern bedeutet immer auch einen Identitätsverlust. Wie können wir also Kulturgut in Zukunft schützen?
Zusätzlich zur Sonderausstellung gibt es bis Ende des Jahres ein Begleitprogramm mit Vorträgen von Betroffenen und Expert*innen zu verschiedenen Themen der Kulturgutrettung und Restaurierung, zudem eine Weinprobe mit royaler Unterstützung durch die Ahrweinkönigin. Die Teilnahme an den Vorträgen ist kostenlos. Zur Unterstützung wird um Spenden für die Restaurierung der Exponate aus Bad Neuenahr-Ahrweiler wird gebeten.
Bad Salzuflen ist Gründungsmitglied der im Jahr 2007 entstandenen AG der Kur- und Bädermuseen in Deutschland, der auch Häuser aus dem benachbarten Ausland angehören (Belgien, Österreich).
„Rette mich, wer kann!“ – Sonderausstellung 9. Juli bis 30. November 2022
Die verheerende Flut im Ahrtal in der Nacht vom 14. auf den 15. Juli 2021 hat vielen Menschen ihre Lebensgrundlage fortgeschwemmt. Das letzte Jahr war geprägt von Solidarität, Trauma, Wiederaufbau, Rückschlägen, Schlamm, Gummistiefeln und Schaufeln, aber auch von Hoffnung und Mut, die zum Neubeginn beigetragen haben. Die Präsentation »#AHRt« im Arp Museum Bahnhof Rolandseck zeigt neben Kunstwerken, die die Flut überlebt haben, Werke, die sich mit der Flutkatastrophe und einem Neuanfang auseinandersetzen. Die Schau bietet ein Forum für betroffene Künstler*innen der Ahr-Region und ist gleichzeitig eine Bestandsaufnahme. Es sind Bilder, die von Gestern erzählen und das Morgen zu einer neuen Möglichkeit machen. Neben Werken der bildenden Kunst werden auch Musikbeiträge und performative Kunst, Wortkunst und Theaterproduktionen sowie soziale Kunstbeiträge gezeigt. »#AHRt« bietet Raum zum Diskurs über die Wichtigkeit von Kunst und Kultur. Ein Diskurs über ein Morgen, das wir selbst gestalten können.
Vor etwa einem Jahr, in der Nacht von 14. auf den 15. Juli 2021, wütete ein großes Unwetter vor allem über dem nördlichen Rheinland-Pfalz und die Wassermassen rissen alles mit, was ihnen nicht standhalten konnte. Zur Erinnerung an diese Naturkatastrophe eröffnet das rheinland-pfälzische Feuerwehrmuseum Hermeskeil am 14. Juli die Sonderausstellung „Flutkatastrophe“. Herzstück der Ausstellung ist das Einsatzfahrzeug der freiwilligen Feuerwehr Schuld, welches den Wassermassen ebenfalls zum Opfer gefallen ist. Rund um dieses Auto erzählen Gegenstände und Bilder aus den Tagen nach der Flut ihre Geschichte.
Familien und Interessierte sind herzlich eingeladen, sich die Ausstellung anzuschauen und das Museum freut sich auf viele Besucher in den kommenden Wochen!
Flutkatatstophe | feuerwehr erlebnis museum Hermeskeil | ab 14. Juli 2022
Die verheerende Hochwasserkatastrophe, die im Sommer 2021 Teile Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen heimgesucht hat, jährt sich gerade zum ersten Mal. Der Verein IsraAID Germany, der selbst in den betroffenen Gebieten Nothilfe geleistet hat und sich für den Wiederaufbau einsetzt, hat mit der Ausstellung "Flutgeschichten" eine interaktive Schau geschaffen, die nun auch in Frankenthal zu Gast ist und dort um weitere interaktive Elemente in einem Brückenschlag zur Geschichte Frankenthals und seiner Bürger ergänzt wird.
Frankenthal hat insgesamt 50.000 Euro an den Landkreis Ahrweiler und die Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler gespendet, Frankenthaler Hilfsorganisationen unterstützten die Einsatzkräfte in der Krisenregion und es gab viele weitere Initiativen aus Wirtschaft und Bevölkerung. Das Erkenbert-Museum selbst restauriert für das schwer getroffene Stadtmuseum von Bad Neuenahr-Ahrweiler mehrere Kunstobjekte.
Das Museum ruft alle Frankenthaler im Vorfeld der Ausstellung zu einer besonderen Mitmach-Aktion auf: Gesucht werden Geschichten, Fotografien und Objekte, die von der Bewältigung kollektiv erlebter Krisen wie Hochwasser, Krieg, Vertreibung und Pandemie erzählen und dem Museum für die Dauer der Ausstellung zur Verfügung gestellt werden können.
„Im Rahmen der Ausstellung sollen Bürgerinnen und Bürger in den gesellschaftlichen Diskurs über gelingende Krisenbewältigung eingebunden werden. Das Erkenbert-Museum versteht sich dabei als Ort des Dialogs und lädt ein zur Reflexion über Geschichte, Gegenwart und Zukunft. Was kann man aus Krisen im Hinblick auf die Gestaltung von Stadt, Staat und Gesellschaft lernen? Wie stärkt die gemeinsame Bewältigung von Krisen den gesellschaftlichen Zusammenhalt?“, beschreibt Museumsleiterin Dr. Maria Lucia Weigel die Intention der Aktion.
Flutgeschichten. Kreativ gegen die Krise | Erkenbert-Museum | 21.7.2022–28.8.2022