Römische Villa Otrang

Nahe der Gemeinde Fließem, ca. fünf Kilometer nördlich von Bitburg, findet sich in einem ehemals als Atrangskamp oder Oterang bezeichneten Hügelgelände eine der größten und besterhaltenen römischen Villenanlagen nördlich der Alpen – die Villa Otrang. Ihre Ländereien erstreckten sich von der alten römischen Höhenstraße Bitburg-Köln im Westen bis zum Kylltal im Osten und umfassten einen Tempelbezirk sowie ein Gräberfeld. Anhand von Münzfunden lässt sich eine Besiedlung von der Zeit des Kaisers Augustus bis zum Ende der römischen Herrschaft um ca. 400 n. Chr. nachweisen. In dieser Zeit wurde der aus dem ersten Jahrhundert n. Chr. stammende Kernbau des Herrenhauses mindestens dreimal umgebaut und erweitert, bis er schließlich eine Fläche von mehr als 3 600 Quadratmetern umspannte.

Nach der Zerstörung der Villa durch die Franken dienten die Trümmer der örtlichen Bevölkerung über Jahrhunderte als Steinbruch und gerieten schließlich in Vergessenheit. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts, als bei Feldarbeiten Reste eines Mosaikfußbodens zu Tage gefördert wurden, rückte Otrang wieder in den Blickpunkt der Öffentlichkeit. Die preußische Regierung übernahm das Gelände auf Veranlassung des späteren Königs Friedrich Wilhelms IV. Sie ließ Schutzhäuser über den noch erhaltenen Mosaiken errichten und veranlasste die weitere archäologische Sicherung und Auswertung der Relikte. So wurde Otrang zum frühen Musterbeispiel einer konservatorisch-bewahrenden Denkmalpflege, die Rekonstruktionen mit ihren oft zerstörerischen Eingriffen weitgehend vermied.

Das vollständig freigelegte Herrenhaus setzte sich aus 66 ebenerdigen Räumen zusammen, von denen 14 ehemals mit herrlichen Mosaikfußböden ausgestattet waren. Vier davon sind nahezu unversehrt erhalten geblieben. Insbesondere der als Wohn- und Speisezimmer gedeutete Apsidensaal, dessen Bodenschmuck sich in drei unterschiedlich große, gemusterte Flächen mit farbenfrohem Dekor gliedert, vermag einen Eindruck von der Pracht vergangener Tage zu vermitteln: Löwen und Panther jagen ihre Beute durch Bögen aus Ornamentranken, während ein Kranich eine Schlange verspeist. Stets aufs Neue wird das Auge des Betrachters von den kunstvollen Details und der Lebendigkeit der aus unzähligen Steinplättchen zusammengesetzten Mosaiken gefesselt.

Die Villa verfügt über ein kleineres Bad, was aus der ersten Bauphase der Villa stammt. Mit zunehmendem Wohlstand baute man Ende des 2. Jahrhunderts n. Chr. ein zweites größeres Bad, welches sich mit seiner luxuriösen Ausstattung durchaus mit den Villen der Oberschicht im fernen Rom messen konnte. Die Thermenanlage sowie einige Räume der Villa verfügten über ein Fußbodenheizungssystem, die so genannte Hypokaustenheizung. Dabei ruhten die Bodenplatten auf ca. 60-90 cm hohen Ziegelpfeilern, zwischen denen sich vom zentralen Heizraum aus erwärmte Luft verteilte.

Gut zu wissen

Das römische Landgut von Otrang zählt heute, wie die Römerbauten in Trier und die „Igeler Säule“, zum „Zentrum der Antike“. Als das bedeutendste Zeugnis römischer Kultur in der Eifel zählt sie zu den größten und besterhaltenen römischen Villenanlagen nördlich der Alpen. Heute können Besucher vier gut erhaltene Mosaike, die Südterrasse und das Heizungssystem bewundern. Die Außenanlagen können über das ganze Jahr besichtigt werden, das große Badehaus ist jedoch nur im Rahmen einer Führung zu besichtigen.