MUSEUM DES MONATS | OKTOBER 2023

Vom Kulturministerium ausgezeichnet: Heiligtum für Isis und Mater Magna

Voodoo-Zauber und Opferriten mitten in Mainz? Es war eine spektakuläre Entdeckung, als die Fundamente eines römischen Tempels für die ägyptische Göttin Isis und die orientalische Muttergottheit Mater Magna bei Bauarbeiten für die Einkaufsgalerie „Römerpassage“ zum Vorschein kamen. Dem einzigartigen Engagement der Initiative Römisches Mainz e. V. ist es zu verdanken, dass die Tempelanlage an ihrer Fundstelle erhalten blieb und seit nunmehr 20 Jahren mit einer stimmungsvollen Präsentation für die Öffentlichkeit zugänglich ist. Das Ministerium für Familie, Frauen, Kultur und Integration zeichnet das Heiligtum anlässlich seines 20. Jubiläums als „Museum des Monats“ Oktober 2023 aus.

Einzigartiges Heiligtum in Deutschland und nördlich der Alpen

Das Heiligtum für Isis und Mater Magna ist einzigartig: Nirgendwo sonst wurde außerhalb Italiens bislang ein den beiden orientalischen Gottheiten gemeinsam geweihtes Heiligtum gefunden. Der Mainzer Tempel ist darüber hinaus das einzige ausgegrabene, der Isis geweihte Bauwerk dieser Art in Deutschland. Andere Isis-Tempel, wie in Aachen, Köln und Augsburg, sind lediglich inschriftlich belegt oder können aus Bodenfunden erschlossen werden.

Die orientalischen Kulte, zu denen auch der Isis und der Mater Magna-Kult gehörten, kamen im fortgeschrittenen 1. Jahrhundert n. Chr. an den Rhein und verbreiteten sich zuerst bei den Soldaten, dann auch in der Zivilbevölkerung. Die Existenz eines solchen Tempels in Mainz, der einstigen Hauptstadt der nördlichen Provinz Germania superior, unterstreicht den hohen Grad der Romanisierung der einheimischen Bevölkerung. Diese gab im Laufe der Zeit die Verehrung althergebrachter Gottheiten auf und huldigte aus dem römischen Osten kommenden Göttern.

Die Tempelanlage in Mainz wurde vermutlich im 1. Jahrhundert nach Christus errichtet und bis ins 3. Jahrhundert genutzt. Unter dem Heiligtum fand man außerdem einen rund 700 Jahre älteren Bestattungsplatz der Hallstattzeit (ältere vorrömische Eisenzeit ab etwa 800 v. Chr).

Liebeszauber & Tieropfer multimedial inszeniert

Öllampen werfen flackerndes Licht an die Wände des Heiligtums, der Duft von Räucherwerk und verbrannten Früchten hängt schwer in der Luft ... Die Mainzer Erde hat ein wenig mehr Licht in den kultischen Alltag der Römer in Mogontiacum gebracht: Die Museumgäste erwartet in einer alle Sinne ansprechenden Inszenierung eine Zeitreise zurück in die Welt des kultischen Roms. Bei einem Gang durch die konservierten Überreste des Heiligtums sind neben dessen Mauern Ausstellungsstücke wie Öllampen, Opfergabenfiguren, Terrakotten, Altare, Münzen, Weihetäfelchen, Miniaturäxte, Bronzestatuette oder Grabbeigaben zu entdecken.

Auch Tieropfer wurden in Mainz einst dargebracht, wie zahllose Hühnerknochen belegen. Um die Knochen – sie waren magische Hilfsmittel – wurden Bleitäfelchen gewickelt. Diese waren mit Texten oder Zeichen beschriftet und beinhalteten eine Verwünschung gegen eine bestimmte Person, die meist auch namentlich genannt wurde.

Zu den beeindruckenden Funden zählen ferner zwei Zauberpuppen aus Ton. Auf den Puppen sind zahlreiche Einstiche zu entdecken. Die Figuren wurden durchbohrt, um einen Liebeszauber heraufzubeschwören – sie lassen aber auch an eine Art Voodoo-Zauber denken.

Ergänzt werden die Funde um multimediale Komponenten: etwa einer Hörspielsequenz mit Lars Reichow als Römer Claudius Secundus, der Göttin Isis in Mogontiacum huldigt, sowie um einen Kurzfilm zur Geschichte der Voodoo-Puppe. Projektionen, Klangeffekte und Computeranimationen bilden zusätzlich multimediale Highlights der Ausstellung.


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HINTERGRUNDINFORMATION


Ausgezeichnete Museumsarbeit

Die Fundamente des römischen Isis- und Mater Magna-Heiligtums wurden 1999 bei Aushub-Arbeiten für die Einkaufsgalerie „Römerpassage“ in Mainz entdeckt. Nach einer genauen Dokumentation der Fundsituation wurden Mauern, Steine und Fundstücke anschließend drei Jahre lang eingelagert, bevor sie 2003 in der sogenannten „Taberna archaeologica“ im Kellergeschoss der Römerpassage um wenige Meter von der ursprünglichen Fundstelle versetzt wieder aufgebaut werden konnten. Am 30. August 2003 wurde das Heiligtum offiziell der Öffentlichkeit übergeben und hat sich seitdem zu einem Leuchtturm in der Mainzer Museumslandschaft entwickelt. Mehr als 700.000 Gäste aus aller Welt konnten die Ehrenamtlichen des Vereins Initiative Römisches Mainz e. V., in deren Händen Heiligtum und Taberna archaeologica liegen, bisher begrüßen.

Die Einzigartigkeit des Fundes ließ früh an eine angemessene Präsentation denken. Allein dem beispiellosen bürgerschaftlichen Engagement der Mainzer Bevölkerung jedoch ist es zu verdanken, dass das Heiligtum tatsächlich erhalten blieb und bis heute als Museum für die Öffentlichkeit zugänglich ist. Die 2003 gegründete Initiative Römisches Mainz e. V. sammelte rund 10.000 Unterschriften und konnte so verhinderten, dass das bedeutende Kulturerbe den Baggern zum Opfer fiel.

Fester Bestandteil des kulturellen Lebens in der Landeshauptstadt

Der Verein ist nicht mehr aus dem kulturellen Leben der Landeshaupstadt Mainz wegzudenken: Noch heute zeichnet die Initiative für den Erhalt und die stimmungsvolle Präsentation der Funde sowie die Vermittlung des Heiligtums für Isis und Mater Magna verantwortlich. Vorstand und Vereinsmitglieder engagieren sich sämtlich ehrenamtliche für das Museum. Ob Aufsichtstätigkeiten in der Ausstellung, projektbezogenes Engagement, Gruppenführungen, Organisation von öffentlichen Veranstaltungen, „Ausbildung“ neuer ehrenamtlicher Mitarbeiter:innen oder kleinere Reparaturarbeiten – 20 Ehrenamtliche engagieren sich zusätzlich zum Vorstand in diesen und weiteren Bereichen aktiv für das Heiligtum. Darüber hinaus hat der Verein fünf hauptamtliche Mitarbeitende für den täglichen Betrieb des Museums, die aus Spendenmitteln finanziert werden.

Auch das museumspädagogische Angebot und die Kooperationen des Vereins sind umfassend und bestes Beispiel für eine lebendige und aktive Vereinsarbeit. Sie reichen von Führungen für Schulklassen und Gruppen, über Stadtführungen, Vortragsveranstaltungen und Tagesausflügen hin zu themenbezogenen Kooperationen mit ortsansässigen Partnern aus Forschung, Kultur und Sport oder dem Einzelhandel. Der Verein richtet außerdem römische Feste aus und organisiert Konzerte mit antiken Instrumenten im Römischen Theater und in der Römerpassage.

Was ist die Auszeichnung „Museum des Monats“?

Die Auszeichnung „Museum des Monats“, die mit 1.000 Euro dotiert ist, wird seit August 2022 vom Ministerium für Familie, Frauen, Kultur und Integration Rheinland-Pfalz ausgelobt. Sie stellt eine Anerkennung der schwierigen Situation im Kulturbereich und zugleich eine Würdigung qualitätvoller Museumsarbeit dar.

Ziel ist es, landesweit die Museumsarbeit kleiner und mittelgroßer Museen in den Fokus zu rücken. Ausgezeichnet werden Museen, die sich mit gelungenen Ausstellungsprojekten z. B. zur Orts-, Regional- oder Landesgeschichte, mit innovativen Vermittlungsideen, interessanten digitalen Angeboten, erfolgreichen Partizipationsprojekten, gelungenen Maßnahmen zur Umsetzung der Barrierefreiheit, außergewöhnlichem gesellschaftlichen Engagement, beispielhaften Projekten zum Sammlungserhalt oder zur Sammlungserschließung oder bemerkenswerten Projekten generationenübergreifenden bürgerschaftlichen Engagements hervortun.

Der Museumsverband Rheinland-Pfalz trifft eine Vorauswahl aus den mit Projektfördermitteln des Landes Rheinland-Pfalz unterstützten nichtstaatlichen Museen. Die Mindestanforderungen an ein Museum müssen erfüllt sein. Alle ausgezeichneten Museen im Überblick gibt es auf der Webseite des Museumsverbands Rheinland-Pfalz:


Museumsverband Rheinland-Pfalz | Museum des Monats (museumsverband-rlp.de)