Das Keramikmuseum Westerwald ist eines der größten Keramikmuseen Europas. Seine Sammlung verknüpft in besonderer Weise Kunst, Handwerk und Regionalgeschichte: Schlicht dekorierte Krüge aus dem Mittelalter, frühes salzglasiertes Westerwälder Steinzeug, Prunkgefäße der Renaissance, aber auch Industriekeramik aus der Nachkriegszeit oder zeitgenössische Keramikkunst vermitteln eine einzigartige Bandbreite an freikünstlerischer und kunsthandwerklicher Keramik.
Viele der ausgestellten Objekte haben bereits eine lange Reise hinter sich. Manches Gefäß schaffte es sogar bis ans andere Ende der Welt. Die Anfänge aller Ausstellungsstücke aber liegen in einer Westerwälder Tongrube. Zurückgekehrt an den Ort ihres Entstehens legen sie Zeugnis ab von der Töpfertradition im sogenannten „Kannenbäckerland“ – seit 2016 als immaterielles Kulturerbe anerkannt.
In Höhr-Grenzhausen hat man es sich zur Aufgabe gemacht, dieses historische Erbe rund um das Westerwälder Steinzeug zu bewahren. Gleichzeitig ist hier ein ausgesprochen moderner und lebendiger Ort entstanden, an dem sich zeitgenössische Kunst und altes Handwerk, Geschichte und Innovation verbinden. Entdecken Sie hier Ihre Begeisterung für einen der ältesten Werkstoffe der Menschheit, der heute auch in Form von Hightech-Keramik in Autos, Computern oder in der Raumfahrttechnik seine Verwendung findet!
Bei den ausgedehnten Tonvorkommen des Westerwalds handelt es sich um die größten zusammenhängenden Tonvorkommen Europas. Die Westerwälder Tone zeichnen sich dabei jedoch nicht nur durch Quantität, sondern auch durch ihre besondere Qualität aus. Der wertvolle weiße Ton wird deshalb auch als „weißes Gold“ bezeichnet. Entstanden sind die Vorkommen vor etwa 30 Millionen Jahren.
Archäologische Funde aus der Älteren Eisenzeit (etwa 750 bis 450 v. Chr.) belegen, dass bereits keltische Stämme hier getöpfert haben. Der älteste schriftliche Nachweis von Töpferhandwerk in der Region stammt aus dem Jahr 1402. Seit dieser Zeit ist die kontinuierliche Herstellung von Töpferwaren in der tonreichen Kulturlandschaft im Dreieck zwischen Sieg, Lahn und Rhein belegt. Das heutige Höhr-Grenzhausen galt damals wie heute als bedeutendster Töpferort der Region.
Dank der großen Tonlagerstätten und des ausgedehnten Holzvorkommens wurde die Region ab dem späten 18. Jahrhundert bald auch weit über ihre Grenzen hinaus als „Kannenbäckerland“ bekannt. Nahe Fernhandelswege wie die Salzstraße und die Nähe zum Rhein als eine der Hauptverkehrsadern Europas verhalfen dem ab dem späten 16. Jahrhundert hergestellten Westerwälder Steinzeug zu seiner weltweiten Erfolgsgeschichte.
Vermeer, Monet, Pechstein, Kaiserin Augusta oder Henry van de Velde – sie alle waren begeistert vom Westerwälder Steinzeug. Hergestellt wurde das Steinzeug mit seiner charakteristischen grau-blauen Färbung seit dem späten 16. Jahrhundert im namensgebenden Westerwald und insbesondere im Kannenbäckerland. Es ist bei sehr hohen Temperaturen gebrannt, robust, wasserdicht und säurebeständig. In Zeiten ohne Kühlschrank wurde es deshalb gerne dazu verwendet, Lebensmittel einzulegen.
Ab 1650 dominierte das Steinzeug aus dem Westerwald den gesamten europäischen Markt, sodass dem Töpferhandwerk eine herausragende wirtschaftliche Bedeutung für die Region zukam. Überall entstanden neue Töpfereistandorte, bis 1771 mit 600 Töpfermeistern in 23 Westerwälder Orten und Weilern der Höhepunkt erreicht war.
Die im Laufe der Jahrhunderte im Kannenbäckerland entstandene einzigartige keramische Tradition zählt seit 2016 zum immateriellen Kulturerbe. Das Keramikmuseum in Höhr-Grenzhausen bietet mit seiner an die 14.000 Objekte umfassenden Sammlung einen vielfältigen Einblick in das künstlerische Schaffen der Westerwälder Töpfer und in das traditionelle Handwerk, das bis heute in der Region gepflegt wird.
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Die Faszination für Keramik hat eine lange Tradition – nicht nur im Westerwald. Im Kannenbäckerland verbinden sich allerdings in besonderer Weise Bildung und Forschung mit traditionellem Handwerk. Dank der jungen Keramikstudierenden am Bildungs- und Forschungs-Zentrum Keramik (BFZK) und der deutschlandweit einzigartigen Werkstatt- und Atelierszene gilt Höhr-Grenzhausen heute nicht nur als Wiege, sondern auch als modernes Zentrum des keramischen Handwerks. Hier wird geforscht und die Zukunft (der Keramik) gestaltet.
Auch das Keramikmuseum Westerwald hat in Höhr-Grenzhausen seinen festen Platz: Es präsentiert die ganze Vielfalt an keramischen Erzeugnissen vom Gebrauchsgegenstand über keramische Hightech bis zur Keramikkunst und zeigt die Bandbreite ihrer Verwendung. Dass sich im Lauf der Zeit keramische Erzeugnisse vermehrt von Gebrauchsgegenständen zu Kunstobjekten wandelten, spiegelt sich in zahlreichen Sonderausstellungen wider. Das Keramikmuseum präsentiert regelmäßig zeitgenössische Arbeiten, die einen repräsentativen Querschnitt durch die Kunst der letzten Jahrzehnte bilden. Alle fünf Jahre wird außerdem mit der Vergabe des Westerwaldpreises für herausragende keramische Arbeiten der Dialog von Keramik und Kunst in der Region gefördert und der kulturelle Austausch innerhalb Europas gepflegt.
Das Museum versteht sich als Ort für alle: Im Rahmen von Workshops können Jung und Alt, Schulklassen genauso wie Seniorengruppen in der hauseigenen Werkstatt kreativ werden und ihre eigenen Keramikobjekte herstellen. Ein wöchentlich stattfindender „Kinder Keramik Club“ richtet sich an junge Keramikfans ab 8 Jahren. Auch für Menschen mit Beeinträchtigungen ist die Arbeit mit dem sinnlichen Rohstoff besonders geeignet. Vor Ort hat man dieses Potenzial erkannt und fördert die kulturelle Teilhabe aller. Zuletzt wurden etwa im Rahmen des inklusiven Ausstellungsprojekt „Keramik all inclusive“ (2022) in der Museumswerkstatt entstandene Arbeiten von Menschen mit geistiger oder psychischer Beeinträchtigung einer breiten Öffentlichkeit präsentiert. Das Museumsgebäude ist ebenfalls für alle zugänglich und über „Reisen für Alle“ barrierefrei zertifiziert.
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Die Auszeichnung „Museum des Monats“ ist mit 1.000 Euro dotiert und wird seit August 2022 vom Ministerium für Familie, Frauen, Kultur und Integration Rheinland-Pfalz ausgelobt. Sie hat zum Ziel, die Museumsarbeit vor allem kleiner und mittelgroßer Museen landesweit in den Fokus rücken. Ausgezeichnet werden Museen, die sich mit gelungenen Ausstellungsprojekten zur Orts-, Regional- oder Landesgeschichte, mit innovativen Vermittlungsideen, interessanten digitalen Angeboten, erfolgreichen Partizipationsprojekten, gelungenen Maßnahmen zur Umsetzung der Barrierefreiheit, außergewöhnlichem gesellschaftlichem Engagement, beispielhaften Projekten zum Sammlungserhalt oder zur Sammlungserschließung oder bemerkenswerten Projekten generationenübergreifenden bürgerschaftlichen Engagements hervortun. Unterstützt wird das Kulturministerium bei der Auswahl Auszeichnungen vom Museumsverband Rheinland-Pfalz. Alle ausgezeichneten Museen im Überblick gibt es auf der Webseite des Museumsverbands Rheinland-Pfalz:
Museumsverband Rheinland-Pfalz | Museum des Monats (museumsverband-rlp.de)