MUSEUM DES MONATS | MÄRZ 2024

Vom Kulturministerium ausgezeichnet: Museum Glockengießerei Mabilon

Die ehemalige Glockengießerei Mabilon ist das Herz der heutigen KulturGießerei Saarburg. Mehr als 230 Jahre lang wurden hier von der Gießerfamilie Mabilon in sechs Generationen Glocken gegossen. Zahlreiche kleine, aber auch bis zu 5 Tonnen schwere Glocken fanden ihren Weg von Saarburg aus in die ganze Welt. Heute ist die Glockengießerei samt Werkstätten und der großen Gießhalle mit ihren alten Öfen, Gießgruben und Glockenformen ein einmaliges Industriedenkmal. Die Gießstätte ist unverändert als Museum erhalten – auch wenn hier also seit über 20 Jahren keine Glocken mehr gegossen werden, scheint es, als würden Meister und Mitarbeitende nur eine kleine Pause bei der Arbeit einlegen ...

... hier flackert das Feuer, dort brodelt es, wenn sich die heiße, flüssige Bronze ihren Weg suchen. Das Museum Glockengießerei Mabilon bewahrt das Wissen rund um die alte Handwerkskunst für die Öffentlichkeit und gibt es an jüngere Generationen weiter. In dem deutschlandweit einzigartigen Museum für Glockengießerei erfahren Besucherinnen und Besucher jedoch nicht nur alles Wissenswerte über die Jahrhunderte alte Tradition des Glockengusses, vielmehr lädt es Jung und Alt auch zum Anfassen und Ausprobieren, zum Fühlen und Riechen ein!

Neben dem Museum befinden sich in dem Gebäudekomplex zusätzlich ein integratives Begegnungscafé, eine Ehrenamtsbörse, ein Mehrgenerationenhaus, eine Kinder- und Jugendkunstschule sowie Koordinierungs- und Fachstellen u.a. für „Demokratie leben!“. Die verschiedenen Einrichtungen haben sich unter einem gemeinsamen Dach zusammengefunden: Aus der ehemaligen Glockengießerei wurde ein Soziokulturelles Zentrum, prägend für Nachbarn, Kommune und Kreis.

Die ersten Glockengießer in Saarburg

Wenn von den Türmen der Kirchen und Kapellen die Glocken läuten, dann ist kaum jemandem bewusst, welche Kunstfertigkeit, Mühe und Sorgfalt der Guss einer Glocke und die Berechnung ihres Klangs erfordern. Nur einige wenige verstehen heute noch dieses Handwerk: Es sind Glockengießer-Familien mit einer Tradition von Jahrhunderten, die ihre Kunst von Generation zu Generation als sorgsam gehütetes Familiengeheimnis weitergegeben haben. Die Gusstradition der Mabilons reicht bis in das 16. Jahrhundert zurück, als die Vorfahren noch als Wandergießer durch die Lande zogen. Die älteste noch erhaltene Mabilonsche Glocke wurde während des Dreißigjährigen Kriegs 1639 im Sauerland gegossen und befindet sich in Calle (Meschede).

1770 siedelte sich Urbain Mabillot als erster Familienspross mit einer festen Gießstätte in Saarburg an. Außerhalb der Stadtmauer im Staden, der Unterstadt von Saarburg, direkt am Flussufer der Saar gelegen, war die Glockengießerei bis zur Aufgabe des Handwerks im Jahr 2002 über 230 Jahre und sechs Generationen in Familienhand. Neben den ersten Fischer- und Schifferfamilien prägte die Gießerfamilie das Bild des Stadtteils und das Miteinander vor Ort nachhaltig. Museumsgästen aus Nah und Fern bietet die Geschichte der Familie Mabilon deshalb auch einen einzigartigen Einblick in die sozialgeschichtlichen, kulturhistorischen und wirtschaftlichen Entwicklungen der Region vom 18. Jahrhundert bis in die heutige Zeit.

Faszination Glocken: Wie eine Glocke entsteht

Aus welchen Materialien wird eine Glocke hergestellt? Wie berechnet man ihren Ton richtig? Was ist die Glockenspeise? Oder wozu benötigen Glocken eine Krone? Im Museum Glockengießerei Mabilon erfahren Sie alles über die Geburt einer Glocke. Schritt für Schritt können Sie die Herstellung, die auch heute noch per Hand erfolgt, nachverfolgen und die original erhaltenen Räumlichkeiten besichtigen – vom Zeichenzimmer, in dem die Meister den Glockenton berechneten und die Rippen (eine Holzschablone, die der Glocke ihr Profil gibt) entwarfen, über den Lehmraum bis hin zum Kronenzimmer und der Gießhalle. Hier wird der Bronzeguss anschaulich simuliert: Eine Installation zeigt eindrücklich, wie ein solcher Guss tatsächlich vonstattenging. Neben dem Lichtspiel des fließenden Erzes sind zusätzlich die typischen brodelnden Geräusche der Glockenspeise, also der flüssigen Bronze, zu hören.

Im Anschluss an Ihren Besuch haben Sie die Möglichkeit, Ihr Wissen in einem Film über den Glockenguss zu vertiefen. Die Filmvorführung dauert ca. 45 Minuten. Für Ihren Besuch steht außerdem ein Audioguide mit detaillierten Informationen in vier Sprachen zur Verfügung.

#Peacebells: Stimmen für den Frieden

2013 konnte die Tradition des Glockengusses nach 10 Jahren wieder in der alten Gießhalle aufgenommen werden. Zusammen mit der Firma Schmitt aus Brockscheid wurde eine 100 kg schwere Glocke für den Turm der KulturGießerei gegossen. Auch in Zukunft soll diese Tradition zu besonderen Anlässen fortgeführt werden.

Zwischen 2021 und 2023 wurden in der Glockengießerei Saarburg drei ganz besondere Glocken hergestellt: Eine deutsch-luxemburgisch-französische Initiative unter Federführung der KulturGießerei Saarburg und des Museums Glockengießerei Mabilon entwickelte die Idee, Glocken als Zeichen für Völkerverständigung und Frieden zu gießen. Mit ihrem Kunstprojekt „All4Peace“ warben die Projektpartner für Demokratie und Menschenwürde. Für die Friedensglocken wurden symbolisch Munitionsreste und Granatenhülsen aus dem Zweiten Weltkrieg eingeschmolzen.

2023 übergaben die Saarburger „ihre“ Friedensglocken offiziell im Rahmen des Europatags in Schengen. Sie läuten seither in Mamer (Luxemburg), Verdun (Frankreich) und Saarburg für den Frieden. Es handelte sich um ein Projekt der KulturGießerei Saarburg im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“

Wissenswertes rund um Ihren Besuch

Die KulturGießerei ist barrierefrei zertifiziert bei Reisen für alle. Audioguides sind in den Sprachen Deutsch, Englisch, Französisch und Niederländisch verfügbar, zusätzlich gibt es Geräte, die mit einer Induktionsschleife ausgestattet sind, um die Nutzung der Systeme für Menschen mit Hörgeräten zu ermöglichen.

Das Museum Glockengießerei Mabilon bietet seinen Gästen außerdem ein reichhaltiges Vermittlungsprogramm vom kurzweiligen Rundgang auf den Spuren des ersten Glockengießermeisters bis hin zu spannenden Workshops und Führungen für Familien und Schulklassen: Das Angebot für Gruppenführungen umfasst dabei ebenso klassische Führungen für Erwachsene (CLASSIC-tour) wie Führung im historischen Gewand des Gründers Urbain Mabillot und seiner Ehefrau Anna Maria Stocky (HISTORY-tour) oder Museumstouren mit Sektverkostung eines Glockengießersektes (GENIESSER-tour).

Für Kinder und Schulklassen gibt es geführte KIDS-tours und weitere kindgerechte Programme. So entdecken Kinder und Jugendliche spielerisch die Welt des ersten Glockengießermeisters. Beim Tasten, Riechen, Sehen und Hören werden alle Sinne genutzt, um den komplizierten Vorgang des Glockengusses leicht zu begreifen. Zur Vorbereitung des Besuchs stehen Schulklassen Materialien für den Unterricht zu Verfügung.

Unser Tipp: Lassen Sie Ihren Museumsbesuch im CAFE URBAN ausklingen. Im integrativen Begegnungscafé wartet ein Angebot an Getränken, Eis oder Kaffee und Kuchen in angenehmer Atmosphäre auf Sie. Oder besuchen Sie eine der Kulturveranstaltungen in der KulturGießerei – ein Geheimtipp für Musik- und Kulturliebhaber. Im Rahmen des Kultursommers Rheinland-Pfalz finden hier regelmäßig Konzerte, Lesungen und Kunstausstellungen in den Räumlichkeiten des Museums statt.


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HINTERGRUNDINFORMATION

Ausgezeichnete Museumsarbeit

Im Jahr 2002 wurde die Glockenproduktion in der Glockengießerei Mabilon nach über 230 Jahren eingestellt. Die letzten Glockengießer Marlis und Wolfgang Hausen-Mabilon öffneten selbst bereits 2003 die Glockengießerei als Museum und hießen in der Hochsaison monatlich bis zu 1.200 Gäste aus aller Welt willkommen hieß.

Als Museum und Kulturstätte war die Glockengießerei von unschätzbarem Wert für die Wirtschaftsfaktoren Kultur und Tourismus, die die Saarburger Region entscheidend prägen. Seit 2008 ist die Stadt Saarburg Eigentümerin des gesamten Ensembles. Dem Trägerverein „Lokales Bündnis für Familie in der VG Saarburg-Kell e.V.“ ist es gelungen, Wissen und Tradition dieses uralten Handwerks einerseits zu erhalten und es andererseits einer nachhaltigen, zukunftsfähigen Nutzung zu zuführen. Durch die hohe Akzeptanz des Familienunternehmens und der Mabilon-Glocken in der Bevölkerung gelang es, mit Unterstützung vom Land, das etwa 70 Prozent der Kosten für Ankauf und Neubau übernahm, in der ehemaligen Glockengießerei ein Soziokulturelles Zentrum aufzubauen. Aus der Glockengießerei Mabilon wurde die KulturGießerei mit dem Museum Glockengießerei Mabilon als Herzstück.

Neben dem Museum befinden sich in dem Gebäudekomplex ein Mehrgenerationenhaus, eine Kinder- und Jugendkunstschule, eine Ehrenamtsbörse sowie Koordinierungs- und Fachstellen u.a. für „Demokratie leben!“. Im angeschlossenen Neubau hat das integrative Begegnungscafé Urban seinen Platz gefunden. Das Team der KulturGießerei legt besonderen Wert auf barrierefreie Angebote und entwickelt die Kultureinrichtung als inklusiven Ort weiter. Die KulturGießerei ist bei Reisen für alle barrierefrei zertifiziert.

Im Zentrum der Arbeit des Trägervereins steht zudem der Auftrag, sich mit den Mitteln von Kultur und Bildung generationenübergreifend für die Belange von Familien stark zu machen. Als Ort der Begegnung und Teilhabe konzipiert, stehen die Angebote der KulturGießerei ausdrücklich allen Menschen offen. Neben dezentralen Aktivitäten, wie z. B. Betreuungsangebote für Grundschulkinder in Saarburg und Umgebung, bietet die KulturGießerei in den eigenen Räumen darüber hinaus nicht nur passende Programme für verschiedene Zielgruppen von Jung bis Alt, wie zum Beispiel Bühnenprogramme aus dem Haus der Familie, sondern auch ein anspruchsvolles Kulturprogramm. Dieses reicht von Kabarett und Kleinkunst über Theateraufführungen, Kunstausstellungen, Konzertveranstaltungen, Festivals und Events bis hin zu Aktionswochen für Menschen mit und ohne Behinderungen oder interkulturellen Begegnungsfesten.

Die Glockengießerei war seit ihrer Gründung ein Ankerpunkt für einen ganzen Stadtteil und bietet bis heute einen hohen Identifikationswert für die Bevölkerung. Gerade das Museum stellt einen wichtigen Bezugspunkt für die direkte Nachbarschaft im Staden dar und zieht darüber hinaus Gäste aus Nah und Fern an. Aktuell sind die Besucherzahlen des Museums mit 8.000 Museumsgästen im Jahr 2023 in etwa wieder auf dem Vor-Corona-Niveau angekommen. Das Museum trägt über seine Eintrittsgelder einen nicht unerheblichen Teil zum Bestehen des Soziokulturellen Zentrums bei (Querfinanzierung). An das Museum angegliedert ist auch ein Archiv: Zurzeit werden alle vorhandenen Dokumente aus der Geschichte der Glockengießerfamilie Mabilon digitalisiert.

Was ist die Auszeichnung „Museum des Monats“?

Die Auszeichnung „Museum des Monats“ ist mit 1.000 Euro dotiert und wird seit August 2022 vom Ministerium für Familie, Frauen, Kultur und Integration Rheinland-Pfalz ausgelobt. Sie hat zum Ziel, die Museumsarbeit vor allem kleiner und mittelgroßer Museen landesweit in den Fokus rücken. Ausgezeichnet werden Museen, die sich mit gelungenen Ausstellungsprojekten zur Orts-, Regional- oder Landesgeschichte, mit innovativen Vermittlungsideen, interessanten digitalen Angeboten, erfolgreichen Partizipationsprojekten, gelungenen Maßnahmen zur Umsetzung der Barrierefreiheit, außergewöhnlichem gesellschaftlichem Engagement, beispielhaften Projekten zum Sammlungserhalt oder zur Sammlungserschließung oder bemerkenswerten Projekten generationenübergreifenden bürgerschaftlichen Engagements hervortun. Unterstützt wird das Kulturministerium bei der Auswahl der Auszeichnungen vom Museumsverband Rheinland-Pfalz. Alle ausgezeichneten Museen im Überblick gibt es auf der Webseite des Museumsverbands Rheinland-Pfalz:


Museumsverband Rheinland-Pfalz | Museum des Monats (museumsverband-rlp.de)