MUSEUM DES MONATS | MÄRZ 2023

Vom Kulturministerium ausgezeichnet: Ortsmuseum Nackenheim

Das Ortsmuseum Nackenheim, von seinen Freunden liebevoll „Muxum“ genannt, präsentiert lokale Geschichte und Kultur. Bereits im Innenhof stimmt ein „Lapidarium“, das aus 30 historischen Grabsteinen besteht und die regionale Bestattungskultur widerspiegelt, seine Gäste auf die Ortsgeschichte ein. In dem liebevoll restaurierten ehemaligen Schulgebäude am Kirchsteig erwarten Besucherinnen und Besucher vier Dauerausstellungsbereiche und wechselnde Ausstellungen unter einem Dach. Veranstaltungen regionaler Künstlerinnen und Künstler ebenso wie Vorträge, Lesungen und Filmabende machen das Museum zu einem lebendigen Ort der Begegnung.

Das Ortsmuseum Nackenheim wird vom Kulturministerium Rheinland-Pfalz für seine besonders gelungenen Ausstellungsprojekte zur Orts- und Regionalgeschichte als Museum des Monats März ausgezeichnet.

In Gold getaucht: Neue Schatzkammer bringt Ortsgeschichte zum Strahlen

Pünktlich zum 1250-jährigen Dorfjubiläum eröffnete das Museum 2022 seine neue „Dorfschatzkammer“. Goldglänzend und in atmosphärisches Licht getaucht, erstrahlen hier Schätze aus 2000 Jahren Orts- und Regionalgeschichte und machen dem Namen der Ausstellung alle Ehre. Informationen zu den einzelnen Fundstücken können mittels QR-Codes über das eigene Smartphone abgerufen werden. Hierfür haben sich die Museumsmacher Unterstützung aus der Bevölkerung geholt: Ortsansässige übernahmen Recherchearbeiten zu den Objekten, verfassten Texte und sprachen Geschichten ein. Dieser Gemeinschaftsarbeit ist es zu verdanken, dass die regionale Geschichte in Nackenheim einen besonders lebendigen Eindruck hinterlässt. In Kooperation mit dem örtlichen Schifferverein dokumentiert das Museum außerdem die vielfältigen Berufe am Rhein, von denen einige nur in Nackenheim existierten.

Nackenheim im fröhlichen Weinberg: Wie ein kleines rheinhessisches Winzerdorf Bekanntheit erlangte

Zu einiger Bekanntheit gelangte das kleine Winzerdorf Nackenheim ab den 1920er-Jahren dank seines berühmtesten Sohnes und Ehrenbürgers, dem Schriftsteller Carl Zuckmayer (1896-1977). Der gebürtige Rheinhesse setzte in dem 1925 in Berlin uraufgeführten Lustspiel „Der fröhliche Weinberg“ seiner Heimat ein bleibendes Denkmal. Zugleich gelang ihm selbst mit dem Stück der Durchbruch als Schriftsteller: „Der fröhliche Weinberg“ avancierte zum meistgespielten Theaterstück der 1920er-Jahre und wurde bis in die 1960er-Jahre gleich dreimal verfilmt.

In seiner Nackenheimer Heimat kam der Schriftsteller damit allerdings gar nicht gut an. Man unterstellte ihm, er verunglimpfe seine ehemaligen Nachbarn und den Berufsstand der Winzer. Heute haben sich die Wogen allerdings geglättet und „der fröhliche Weinberg“ ist das Markenzeichen Nackenheims: Das zehn Kilometer südlich von Mainz am Rhein gelegene Örtchen trägt nach literarischem Vorbild und nicht ohne Augenzwinkern in seinem Logo den Namenszusatz „im fröhlichen Weinberg“. Auch Wanderer werden bereits vor den Toren Nackenheims beim historischen fröhlichen Weinberg, der Einzellage Rothenberg des auch heute noch bestehenden Weinguts Gunderloch, mit einer großen Hinweistafel begrüßt. Und nicht zuletzt führt die Carl Zuckmayer-Gesellschaft seit ihrem Gründungsjahr 1972 regelmäßig das Lustspiel an historischer Stätte auf.

Die Zuckmayers – eine rheinhessische Familie

Die Ausstellung im Ortsmuseum widmet sich neben dem berühmten Schriftsteller auch der restlichen Familie Zuckmayer – den Eltern Amalie (1869–1954) und Carl senior (1864–1947) sowie dem ebenfalls in Nackenheim geborenen großen Bruder Eduard (1890–1972), Musikpädagoge, Komponist und Pianist, der an der Universität Ankara Karriere machte. Sie lädt ein, in den Büchern einer bildungsorientierten Familie um 1900 zu blättern, die Produktivität Carl Zuckmayers zu bestaunen und in seinem umfangreichen Briefwechsel zu stöbern oder etwas über Eduards Bedeutung für die Zusammenführung westlicher und türkischer Musik zu erfahren. Die wechselvollen Lebenswege der beiden Brüder, geprägt von Kriegserfahrungen, Exil und Vertreibung, aber auch von bemerkenswerten Erfolgen, sind medial und interaktiv aufbereitet. Eindringlich wird man an die gesellschaftlichen, politischen und geistigen Entwicklungen der damaligen Zeit, die heute wieder traurige Aktualität erlangt haben, erinnert.


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HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Ausgezeichnete Museumsarbeit: gelungene Ausstellungsprojekte zur Orts- und Regionalgeschichte

Angefangen hat in Nackenheim alles mit archäologischen Funden, für die man einen geeigneten Ausstellungsort suchte. Naturgemäß wuchs mit der darauffolgenden Entdeckung eines fränkischen Kriegergrabes die Leidenschaft für das Nackenheimer Museumsprojekt. Inzwischen engagieren sich die ehrenamtlich Aktiven in Nackenheim bereits seit über 60 Jahren für ihre Orts- und Regionalgeschichte, aktuell unter dem Dach des Heimat- und Verkehrsverein Ortsmuseum Nackenheim e.V. 

Das heutige Domizil im ehemaligen Schulgebäude am Kirchsteig wurde 2014 und 2015 aufwendig renoviert: Der Dachboden wurde ausgebaut, das Dach neu eingedeckt und die Fassade frisch gestrichen – alles in ehrenamtlicher Arbeit. Der prägnante Schriftzug „Museum“, der die Außenwand des Gebäudes ziert, wird häufig als „Muxum“ gelesen und ist inzwischen als griffiger Eigenname auch über die Grenzen Nackenheims hinaus bekannt.

Alle Ausstellungsprojekte werden auf Eigeninitiative kuratiert und die atmosphärischen Inszenierungen garantieren ein eindrucksvolles Museumserlebnis. Das jüngste Projekt, die Dorfschatzkammer, wurde wesentlich mit Mitteln aus dem DVA-Soforthilfeprogramm Heimatmuseen umgesetzt. Der Bereich präsentiert 2000 Jahre Ortsgeschichte und bietet mit seiner attraktiven Objektpräsentation sowie der interaktiven Vermittlung über Audiofiles einen wesentlichen Mehrwert für Besucherinnen und Besucher. Die technische Umsetzung wurde durch eine Förderung der Stiftung Rheinland-Pfalz für Kultur ermöglicht. Im Zuge der Einrichtung der Dorfschatzkammer bekam auch der Eingangsbereich des Museums ein neues Gesicht und begrüßt seine Gäste jetzt in moderner und angenehmer Atmosphäre. Das Haus wurde bereits 2015 für die Einrichtung der Abteilung "Nackenheim und der Rhein" über die Projektförderung für nichtstaatliche Museen des Museumsverbandes Rheinland-Pfalz gefördert.

Auch in Zukunft hat der Verein einiges vor: Eine angrenzende Scheune soll ausgebaut und museal genutzt werden. Sicher werden sich die aktiven Museumsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter hierfür ebenfalls etwas Spannendes einfallen lassen.

Was ist die Auszeichnung „Museum des Monats“?

Die Auszeichnung „Museum des Monats“, die mit 1.000 Euro dotiert ist, wird seit August 2022 vom Ministerium für Familie, Frauen, Kultur und Integration Rheinland-Pfalz ausgelobt. Nach den Herausforderungen der letzten beiden Jahre, mit denen sich die Museen angesichts der Corona-Pandemie konfrontiert sahen, stellt sie eine Anerkennung der schwierigen Situation im Kulturbereich und zugleich eine Würdigung qualitätvoller Museumsarbeit dar.

Ziel ist es, landesweit die Museumsarbeit kleiner und mittelgroßer Museen in den Fokus zu rücken. Ausgezeichnet werden Museen, die sich mit gelungenen Ausstellungsprojekten z. B. zur Orts-, Regional- oder Landesgeschichte, mit innovativen Vermittlungsideen, interessanten digitalen Angeboten, erfolgreichen Partizipationsprojekten, gelungenen Maßnahmen zur Umsetzung der Barrierefreiheit, außergewöhnlichem gesellschaftlichen Engagement, beispielhaften Projekten zum Sammlungserhalt oder zur Sammlungserschließung oder bemerkenswerten Projekten generationenübergreifenden bürgerschaftlichen Engagements hervortun.

Der Museumsverband Rheinland-Pfalz trifft eine Vorauswahl aus den mit Projektfördermitteln des Landes Rheinland-Pfalz unterstützten nichtstaatlichen Museen. Die Mindestanforderungen an ein Museum müssen erfüllt sein. Alle ausgezeichneten Museen im Überblick gibt es auf der Webseite des Museumsverbands Rheinland-Pfalz:


Museumsverband Rheinland-Pfalz | Museum des Monats (museumsverband-rlp.de)