MUSEUM DES MONATS | FEBRUAR 2024

Vom Kulturministerium ausgezeichnet: Mainzer Fastnachtsmuseum

Im Mainzer Fastnachtsmuseum ist die fünfte Jahreszeit am Aschermittwoch noch lange nicht vorbei. Hier können Besucherinnen und Besucher das ganze Jahr das närrische Treiben „im Saal un uff de Gass“ erleben. Sie finden alles, was für die Mainzer Fastnacht typisch ist: Narrenkappen, Kostüme, Orden, die Uniformen der Mainzer Garden, die „Schwellköpp“, die Zugplakettchen und die „Bütt“ mit der Eule, die für den politisch-literarischen Vortrag und den „Määnzer Kokolores“ steht.

Auch die bundesweit bekannte Mainzer Fernsehfastnacht hat im Fastnachtsmuseum ihren Platz: Nur hier gibt es die Hornbrille von Rolf Braun, die Kostüme des Putzfrauenduos Frau Babbisch und Frau Struwwelich, die Lederschürze von Ernst Neger, Kostüme von Margit Sponheimer und den Mainzer Hofsängern. Und natürlich Ausschnitte aus über 60 Jahren Fernsehfastnacht und alle Mainzer Stimmungshits zum Mitschunkeln.

Dem Mainzer Fastnachtsmuseum angeschlossen ist das Fastnachtsarchiv, das allen Interessierten für Recherchen und zu Forschungszwecken offensteht.

Warum ist die Mainzer Fastnacht Rot, Weiß, Gelb, Blau?

Diese und viele weitere Fragen rund um die traditionelle Määnzer Fassenacht, ihre Bräuche und Geschichte beantwortet ein Besuch im Fastnachtsmuseum. Dabei ist Fastnacht in Mainz nicht nur ein närrisches Volksfest, sondern auch ein Stück Stadtgeschichte – ein kulturgeschichtliches Phänomen, das die närrische Hochburg durch die bekannte Fernsehsendung "Mainz bleibt Mainz, wie es singt und lacht" weit über die lokalen Grenzen hinaus bekannt machte.

Wie lange die Tradition der Mainzer Fastnacht zurückreicht, lässt sich dabei nicht genau sagen. Bereits im 16. Jahrhundert sind erste närrische Umtriebe in Mainz belegt. Erst im 19. Jahrhundert allerdings gründeten sich die Fastnachtsvereine. Historisch Bedeutung erlangt das seit 1837 in organisierter Form gefeierte „vaterstädtische Fest“ insbesondere durch seine politische-literarische Tradition samt bissiger Zeitkritik. Das Museum hält die inzwischen über 180 Jahre Mainzer Fastnachtsgeschichte auch außerhalb der närrischen Zeit lebendig und vermittelt alles Wissenswerte zur vierfarbbunten Historie.

„uff de Gass“ – Straßenfastnacht

Der Mainzer Rosenmontagszug bildet den Höhepunkt im Mainzer Fastnachtskalender. Er zieht Jahr um Jahr die Mainzer und hunderttausende Gäste in seinen Bann. Im Fastnachtmuseum können Besucherinnen und Besucher das ganze Jahr über den rund sieben Kilometer langen Zugweg des Rosenmontagszuges in nur 30 Sekunden ablaufen. Vor historischen Fotos haben dabei Mainzer Gardisten in ihren prachtvollen Uniformen Aufstellung genommen.

Ein historisches „Panorama des Carneval-Zuges in Mainz“ zeigt die kostümierten Gruppen des Rosenmontagszuges von 1857. Das handkolorierte Original ist ausgeklappt 6,40 Meter lang. Im Museum kann man sich deshalb durch eine digitalisierte Version kurbeln und viele liebenswerte Details entdecken.

Kein Fastnachtsumzug ohne Motivwagen, der das aktuelle Zeitgeschehen und die Politik auf die Schippe nimmt. Karikaturen und Bilder der Motivwagen des bereits 1838 gegründeten „Mainzer Carnevalsvereins" (MCV) werden im Museum für die Öffentlichkeit dokumentiert. Auch die Zugplakettchen, die seit 1950 zur Finanzierung des Rosenmontagszuges verkauft wurden, sind sämtlich ausgestellt.

Seit 1927 sind außerdem die sogenannte „Schwellköpp“, die auf den Mainzer Bildhauer Ludwig Lipp zurückgehen, nicht mehr aus der Mainzer Fastnacht wegzudenken. Sie zeigen, satirisch überspitzt, typische Physiognomien von Mainzer Charakteren beiderlei Geschlechtes. Die Schwellkopp-Familie ist inzwischen auf dreißig Mitglieder angewachsen. Jeder für sich ist ein „Charakterkopf“. Fünf Originale sind vor Ort im Fastnachtsmuseums zu bestaunen.

 

„im Saal“ – Saalfastnacht

Wir verlassen nun die „Gass" und begeben uns in den Saal: Wer schon immer mal eine Büttenrede halten wollte, kommt im Fastnachtsmuseum auf seine Kosten. Museumsgäste dürfen in eine Original-Bütt steigen, einen Vortrag halten und sich per Knopfdruck mit einem Tusch oder dem dreifach donnernden Helau belohnen!

Das Fastnachtmuseum beherbergt außerdem die ältesten erhalten gebliebenen Utensilien zur Mainzer Fastnachtsgeschichte: den Carneval-Almanach von 1839 und ein Narrenzepter von 1884. Echte Raritäten stellen auch ein Damenkleid mit dem Mainzer Wappen von 1910 und Kostümverkleidungen aus Papier dar. Darüber hinaus sind die Vielfalt der närrischen Lorbeeren – funkelnde Orden, Ehren- und Präsidentenketten – sowie das Ornat des Mainzer Prinzenpaares zu bestaunen.

Ein Plakat von 1935 und Zugprogramme erinnern an das Fastnachtstreiben in dunkler Zeit, als die Nationalsozialisten bestimmten, wie die Fastnacht gefeiert wurde und wer mitfeiern durfte. Nur wenige, wie der populäre Büttenredner Seppel Glückert, konnten es wagen, versteckte Zeitkritik zu üben. An einer Hörstation kann man Auszügen aus den Vorträgen dieses virtuosen Redners lauschen.

„Mainz bleibt Mainz, wie es singt und lacht“ – Fernsehfastnacht

Durch die Fernsehsitzung „Mainz bleibt Mainz, wie es singt und lacht“ ist die Mainzer Sitzungsfastnacht im ganzen Land und darüber hinaus bekannt geworden. Museumsgäste begegnen im Mainzer Fastnachtsmuseum den Stars aus 60 Jahren Mainzer Fernsehfastnacht. Neben der Hornbrille des langjährigen Sitzungspräsidenten Rolf Braun oder dem Stoffgänschen von Herbert Bonewitz wecken die Kostüme des legendären Mainzer Putzfrauenduos Frau Babbisch und Frau Struwwelich, die Lederschürze des „singenden Dachdeckers“ Ernst Neger, das Klavier von Toni Hämmerle oder Kostüme von Margit Sponheimer und der Mainzer Hofsänger närrische Erinnerungen.

Am großen Fernseher haben die Gäste dann die Qual der Wahl: Möchten sie noch einmal die politisch-literarische Büttenreden, Määnzer Kokolores und die Fernsehsitzung der letzten Kampagne sehen oder zu den Stimmungshits wie „Heile, heile Gänsje“, „Humba Tätärä“ oder „Am Rosenmontag bin ich geboren“ mitschunkeln ...


Zu Mainzer Stimmungshits mitschunkeln: Mainzer Fastnachtsmuseum besuchen


 

HINTERGRUNDINFORMATION

Ausgezeichnete Museumsarbeit

Nachdem bereits 1914 im Zuge der Feierlichkeiten zum 75-jährigen Bestehen des Mainzer Carneval-Vereins erstmals die Einrichtung eines Fastnachtsmuseums in Mainz gefordert wurde, war es 90 Jahre später endlich so weit: 2004 wurde das Mainzer Fastnachtsmuseum samt Archiv im umgebauten Proviant-Magazin der Festung Mainz eröffnet. Seither bietet das Museum einen Überblick über das seit 1837 in organisierter Form gefeierte Volksfest. 2017 wurde das Gebäude renoviert und die Dauerausstellung neueingerichtet. Dem Mainzer Fastnachtsmuseum angeschlossen ist das Fastnachtsarchiv, das allen Interessierten für Recherchen und zu Forschungszwecken offensteht.

Das Mainzer Fastnachtsarchiv wurde zuvor 1972 auf Initiative von Karl Delorme gegründet. Närrische Objekte, Dokumente, Fotos und Filme aus Privat- und Vereinsbesitz werden gesammelt, katalogisiert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht – inzwischen beherbergt das Archiv mehr als 33.000 Exponate. Die Sammlung bildet überwiegend den Fundus für die Ausstellungen im Mainzer Fastnachtsmuseum, allerdings kann lediglich ein Bruchteil der Exponate in der Dauerausstellung präsentiert werden.

Träger des ausschließlich ehrenamtlich geführten und betriebenen Museums samt Archiv ist der 1989 gegründete gemeinnützige „Förderverein Mainzer Fastnachtsmuseum e. V.“. Aus dem Kreis der ihm angehörenden rund 120 Mitgliedern rekrutiert sich das Aufsichtspersonal für den Museumsdienst. Dank deren Engagement lassen sich die großzügig bemessenen Öffnungszeiten an 6 Tagen in der Woche verwirklichen. Außerdem kümmern sie sich um die fachgerechte Archivierung und Pflege der Neuzugänge sowie des umfangreichen Archivbestandes. Erster Leiter des Fastnachtmuseums war Friedrich Schütz, früherer Direktor des Mainzer Stadtarchivs. Derzeit ist Frau Claudia Presser Hüterin der Sammlungsstücke.

Das Fastnachtsmuseum Mainz spricht unterschiedliche Zielgruppen an — vom Kindergarten über Schulen, Universitätsseminare verschiedener Studienrichtungen, Senioren- und Fastnachtsgruppen aus dem In- wie dem Ausland. Für letztere verfügt das Museum über Ausstellungsbeschreibungen in deutscher, englischer und französischer Sprache.

Die gute Vernetzung des Museums zeigt sich auch in den vermehrten Anfragen zu Forschungsthemen wie zu Leihgesuchen anderer Museen. Der Förderverein ist bestrebt, seine vierfarbbunte Historie verstärkt in die Stadt-, Sozial- und Alltagsgeschichte einzubetten. Nur so lasse sich der Stellenwert der Fastnacht in Mainz erkennen, wertschätzen und stärken.

„So sehr Forschung, Archivierung und auch Präsentation im musealen Bereich heutzutage auch digital ermöglicht werden kann, so wichtig bleiben daneben nach wie vor die physischen Orte, an denen die vielfältigen Zeugnisse der Geschichte unserer Städte und Regionen verwahrt werden“, begründet Dr. Diether Degreif, 1. Vorsitzender des Fördervereins, das ehrenamtliche Engagement der Fastnachter vor Ort.

Was ist die Auszeichnung „Museum des Monats“?

Die Auszeichnung „Museum des Monats“ ist mit 1.000 Euro dotiert und wird seit August 2022 vom Ministerium für Familie, Frauen, Kultur und Integration Rheinland-Pfalz ausgelobt. Sie hat zum Ziel, die Museumsarbeit vor allem kleiner und mittelgroßer Museen landesweit in den Fokus rücken. Ausgezeichnet werden Museen, die sich mit gelungenen Ausstellungsprojekten zur Orts-, Regional- oder Landesgeschichte, mit innovativen Vermittlungsideen, interessanten digitalen Angeboten, erfolgreichen Partizipationsprojekten, gelungenen Maßnahmen zur Umsetzung der Barrierefreiheit, außergewöhnlichem gesellschaftlichem Engagement, beispielhaften Projekten zum Sammlungserhalt oder zur Sammlungserschließung oder bemerkenswerten Projekten generationenübergreifenden bürgerschaftlichen Engagements hervortun. Unterstützt wird das Kulturministerium bei der Auswahl Auszeichnungen vom Museumsverband Rheinland-Pfalz. Alle ausgezeichneten Museen im Überblick gibt es auf der Webseite des Museumsverbands Rheinland-Pfalz:


Museumsverband Rheinland-Pfalz | Museum des Monats (museumsverband-rlp.de)