Der diesjährige Kultursommer Rheinland-Pfalz nimmt im dritten Kompass-Europa-Zyklus unter dem Motto „westwärts“ die Kunst und Kultur unserer west- und nordwestlichen Nachbarn, der Benelux-Länder, Frankreich und des Vereinigten Königreichs (UK) sowie Irland in den Blick. Rheinland-Pfalz übernimmt 2023 zudem die Präsidentschaft in der Großregion Lothringen, Wallonie, Luxemburg, Saarland, Rheinland-Pfalz.
Auch in den Museen ist ab sofort bis Ende Oktober unter dem Motto „westwärts“ Kultursommer: Ausgesuchte Ausstellungen und ein kleines, aber feines Museumsprogramm laden dazu ein, unsere westlichen Nachbarn kulturell besser kennenzulernen.
»Tot lering en vermaak« – zum Studium und zum Vergnügen – wurde die Kunst des Goldenen Zeitalters, in dem Holland zur See- und Handelsmacht aufstieg, geschaffen. Die Ausstellung erzählt von zwei Privatsammlungen, in denen die niederländische Malerei einen hohen Stellenwert einnimmt. Gustav Rau sowie George und Ilone Kremer eint ihre Leidenschaft, Künstler:innen und Inhalte der oft vielschichtigen Gemälde enträtseln zu wollen. Zu sehen ist das Who is Who der niederländischen Barockmalerei von Rembrandt, ter Brugghen, Hals, Leyster bis zu Dou.
Besuch planen: Goldene Zeiten der holländischen Malerei | Arp Museum Bahnhof Rolandseck
Das Puppentheatermuseum mit seiner Landesfigurensammmlung widmet sich mit seiner Veranstaltungsreihe und mit Aktionen im Sammlungsbereich bis Oktober dem westlichen Nachbarn Frankreich. Den Anfang macht eine französische Märchenmatinee für Erwachsene. Auf der In- und Outdoor-Bühne werden zeitgenössische Figurentheaterinszenierungen mit französischen Referenzen zu sehen sein: etwa Die Schöne und das Tier oder Der kleine Prinz. Ein Konzert mit französische Chansons und die PuK-Eigenproduktion Le Chat botté runden das Programm ab. Die beliebte Kinder- und Mitmachausstellung zu Pippi Langstrumpf, Petterson und Findus und Mama Muh kann noch bis Juli 2023 bespielt werden.
Besuch planen: Museum für PuppenthaterKultur Bad Kreuznach
Mit seiner Ausstellung nimmt uns Christopher Winter mit auf eine Reise zu seinen ganz persönlichen Mythologien an der produktiven Schnittstelle zwischen freudiger Affirmation und subtiler Kritik. Die Ausstellung wird im Rahmen der Nibelungenfestspiele Worms eröffnet.
Aufgewachsen in der südenglischen Grafschaft Kent wurde der Künstler nicht nur schon früh mit noch vorchristlichen Ritualen wie dem Jack in the Green-Fest konfrontiert, sondern infizierte sich offenbar genau so früh mit dem quasi genetisch eingeschriebenen urenglischen Entdecker-Virus. Allerdings führen Winters Expeditionen weniger zu den kolonialen Zielen einer in die Jahre gekommenen imperialen Weltmacht, sondern stattdessen zu imaginierten Inseln voller pulsierenden und diversen Lebens.
Die Reisen führen auf das farbgewaltige “Libertine Island” und zu Inseln düsterer Waldromantik wie auf “Deep Forest Island”, sie führen mit “Spook Island” auf eine Insel mit übersinnlicher Aura oder aber zu den exklusiven und quasi insularen Parallel-Welten des zeitgenössischen Kunstpublikums auf “Island of Perception”. So exotisch vital und ästhetisch überschäumend all diese Inseln seines “Archipels des Geistes” anmuten, so sehr versteckt sich hinter diesen intensiven Bildern der aufmerksame Beobachter und Kommentator einer mitunter sehr zwiegespaltenen gegenwärtigen Welt.
Besuch planen: Christopher Winter | Museum Heylshof
Die Kunsthalle Trier stellt das Ungreifbare in den Mittelpunkt der Ausstellung und zeigt die reizvollen Fotoarbeiten von neun Künstler:innen, die sich durch ihren persönlichen und unterschiedlichen Zugang zum Thema definieren, indem sie über die Oberfläche hinausgehen und Identität als Selbstsuche und Selbstdarstellung als Selbstfindung diskutieren. Ausgestellt werden Arbeiten von Akosua Viktoria Adu-Sanyah, Alma Haser, Natalia Kepesz, Stefan Krauth, Sanne Maes, Martine Pinnel, Rebecca Ramershoven, Pit Reding, und Franziska Stünk.
Zum 30. Geburtstag schenkt sich die Kunsthalle Trier in der Europäischen Kunstakademie eine Ausstellung mit aufstrebenden Künster:innen der jüngeren Generation aus der großregion. Sie greift das Motto westwärts in mehrfacher Hinsicht auf und mit Blick auf das gemeinsame kulturelle Erbe, die europäische Lebenswelt und zukünftige globale Entwicklungen auf.
Besuch planen: Kunsthalle Trier
Kunst der Region Saar-Lor-Lux und darüber hinaus vereint in einer Ausstellung: Das Spektrum reicht von Malerei, Skulptur über Fotografie bis zur Installation. Tina Gillen (Luxemburg) wird dabei sein, Ann-Kathrin Krächan, Helena Strauß und Heidrun Stern aus dem Saarland, Thomas Brenner (Rheinland-Pfalz) und Barbara Greindl aus Belgien. So erhalten Künstlerinnen, die sich gerade erst in der Kunstszene etablieren, eine Gelegenheit sich professionell neben bedeutender, zeitgenössischer Kunst der benachbarten Regionen zu präsentieren. Dazu liest am 9.9.2023 Tom Hillenbrand aus "Bittere Schokolade".
Besuch planen: Grenzbefreit – Sans Frontiére | Villa Streccius Landau
Seit 2005 beschäftigt sich Sammy Baloji (*1978 in Lubumbashi, lebt und arbeitet in Brüssel) mit der Erinnerung und Geschichte der Demokratischen Republik Kongo, die in engem Bezug zu Vergangenheit und Gegenwart Belgiens steht. Seine Arbeit ist eine fortlaufende Untersuchung des kulturellen, architektonischen und industriellen Erbes der Region Katanga und hinterfragt die Auswirkungen der belgischen Kolonisierung. Seine Videoarbeiten, Installationen und Fotoserien zeigen, wie Identitäten geformt, verändert, pervertiert und neu erfunden werden.
Das Ausstellungsprojekt in der Kunsthalle Mainz ist zugleich Ergebnis und Fortsetzung einer Reihe von Arbeiten, die aus Sammy Balojis kontinuierlicher Forschung zu Wahrsagerei, Erinnerung und mündliche Überlieferung innerhalb der Luba-Gemeinschaften, einem Überbegriff für unterschiedliche Bevölkerungsgruppen, die Sprachen und kulturelle Merkmale teilen, hervorgegangen sind.
Besuch planen: Sammy Baloji | Kunsthalle Mainz