Innerhalb ihres Schaffens spielt der Mensch eine übergeordnete Rolle. Dabei widmet sich die Künstlerin subtil und empathisch den physischen und seelischen Verwundungen ihrer »Protagonist*innen«. Die Körperhüllen sind Zeugnisse einzigartiger emotionaler Tiefe. Sie berühren uns mit ihrer intensiven Versehrtheit, Verletzlichkeit und Melancholie und bewegen sich dabei zwischen Schönheit und Hässlichkeit, Vitalität und Tod, Harmonie und Deformation, Figürlichkeit und Abstraktion. Ihre Werke sind Zeugnisse sichtbarer und spürbarer Verwandlungsprozesse menschlichen Lebens.
Die Darstellung der menschlichen Figur unterliegt bei De Bruyckere grundlegend den klassischen Gestaltungsprozessen. Dabei spielt die Wahl des Materials Wachs, das gleich eines malerischen Vorgangs von ihr bearbeitet wird, für die Skulpturen in ihrer so realistischen Ausführung eine entscheidende Rolle. Dies wird auch bei ihrer Werkreihe der Körperfragmente zu einem bestimmenden Element, die oftmals stark deformiert und an fleischige Klumpen erinnernd, den Rezipient*innen ein hohes Maß an Unerschrockenheit und ästhetischem Wahrnehmungsvermögen abverlangen.
Die Unmittelbarkeit ihrer Werke erwächst aus den unterschiedlichen Körperhaltungen von Tänzer*innen, mit denen Berlinde De Bruyckere zusammenarbeitet. Allen voran der portugiesische Tänzer Romeu Runa, der im Zusammenhang mit ihren Werken im Arp Museum drei Tanz-Performances aufführen wird. Dieser Aspekt ist ein zentraler Bestandteil der Ausstellungskonzeption. Körperhaltungen entsprechen dabei zutiefst ergreifenden inneren Verfassungen.
Neben den kreatürlich-skulpturalen Werken und Zeichnungen, die parallel zu einzelnen Werkreihen entstanden sind, wird in der Ausstellung auch eine große textile Arbeit zu sehen sein. Gebrauchte und verwitterte Decken mit unterschiedlichen Mustern und Farben erinnern an abgenommene Fresken, die gleich einem Relief von der Künstlerin zueinander komponiert werden. Einst hat jede einzelne Decke Menschen geschützt und gewärmt. Sie sind Zeugnisse unbekannter Biografien menschlichen Lebens. Dieses stille und schöne Werk befriedet die offensive Intensität von Berlinde De Bruyckeres skulpturalem Kosmos.
Berlinde De Bruyckere | Arp Museum Bahnhof Rolandseck | 3.7.2022–8.1.2023
Der Verein hat sich die Förderung der Fotografie als kulturelles Gedächtnis im Saarland und der Großregion zur Aufgabe gemacht. Mit einer virtuellen Sammlung wurde ein Forum für künstlerisch anspruchsvolle, serielle Fotografie im dokumentarischen Stil geschaffen, um so einen Beitrag zur kulturellen Identität der Großregion (Luxemburg, Lothringen, Saarland, Rheinland-Pfalz und Wallonien) zu leisten. Das Medium Fotografie macht es dabei möglich, räumlich-zeitliche Entwicklungen zu vergegenwärtigen und gleichzeitig künstlerisch zu deuten. Ziel ist es, die Menschen der Großregion für die besondere Qualität fotografischer Bildkultur zu sensibilisieren und relevante fotografische Arbeiten zu archivieren und nutzbar zu machen.
Teilweise in Farbe, teils in Schwarz-Weiß erzählen sie ihre ganz eigenen Geschichten vom Strukturwandel auf verschiedenen Ebenen, aus verschiedenen Perspektiven, zu verschiedenen Zeiten und an verschiedenen Orten. Dank der französischen Übersetzung der Begleittexte können auch Gäste aus den Nachbarregionen mehr zu den Intentionen der Fotografinnen und Fotografen erfahren. Diese nehmen das Publikum unter anderem mit in das ehemalige Kaiserslauterer Pfaffwerk und eine frühere Tabakmanufaktur in Metz. Gezeigt werden außerdem beinahe kurios anmutende Beregnungsaggregate in der Vorderpfalz, letzte melancholische Aufnahmen eines Lebensmittelgeschäfts kurz vor und nach dessen Schließung oder auch fast schon beschauliche Eindrücke aus einem landwirtschaftlichen Kleinbetrieb.
Die verheerende Flut im Ahrtal in der Nacht vom 14. auf den 15. Juli 2021 hat vielen Menschen ihre Lebensgrundlage fortgeschwemmt. Das letzte Jahr war geprägt von Solidarität, Trauma, Wiederaufbau, Rückschlägen, Schlamm, Gummistiefeln und Schaufeln, aber auch von Hoffnung und Mut, die zum Neubeginn beigetragen haben. Die Präsentation »#AHRt« im Arp Museum Bahnhof Rolandseck zeigt neben Kunstwerken, die die Flut überlebt haben, Werke, die sich mit der Flutkatastrophe und einem Neuanfang auseinandersetzen.
Die Schau bietet ein Forum für betroffene Künstler*innen der Ahr-Region und ist gleichzeitig eine Bestandsaufnahme. Es sind Bilder, die von Gestern erzählen und das Morgen zu einer neuen Möglichkeit machen. Neben Werken der bildenden Kunst werden auch Musikbeiträge und performative Kunst, Wortkunst und Theaterproduktionen sowie soziale Kunstbeiträge gezeigt. »#AHRt« bietet Raum zum Diskurs über die Wichtigkeit von Kunst und Kultur. Ein Diskurs über ein Morgen, das wir selbst gestalten können.
#AHRt | Arp Museum Bahnhof Rolandseck | 10.7.2022–24.7.2022
Die Tischplatten dieser stilistisch überwiegend dem Rokoko zuzuordnenden Möbel zeigen Mosaike aus auf Schnüren aufgezogenen farbigen Glasperlen, die in eine auf einem Holzträger aufgebrachte, noch weiche Kittmasse eingedrückt wurden. Als Motive dieser Glasperlenmosaike finden sich Rocaillen und Blattranken, Papageien, Kakadus und einheimische Vögel, chinesische Szenen, Landschaften, Architektur- und Gartenansichten. Vorlagen der Motive waren meist Illustrationen in zeitgenössischen deutschen oder englischen Fachbüchern zur Ornamentik, Ornithologie oder Gartenkunst.
Neben den Braunschweiger Glasperlentischen werden Tee- und Tabaksdosen, Geldbeutel, Briefmappen, Handtaschen, Handschuhe, Brillenetuis und Bilder - aus dem 17. Jahrhundert, über die Biedermeierzeit bis ins frühe 20. Jahrhundert - gezeigt, die ebenso mit farbigen Glasperlen und teils exotischen Motiven geschmückt sind.
Bei diesen zahlreichen Exponaten handelt es sich um Leihgaben aus Museen, so aus dem Städtischen Museum Braunschweig, und Privatsammlungen. Studentinnen der Hochschule Hildesheim befassten sich mit der Technologie der Herstellung von Perlenmosaiken. Die Ergebnisse werden ebenfalls in der Ausstellung präsentiert.
Hanns Sprung (1884-1948) studierte von 1903 bis 1906 Malerei an den Akademien in Düsseldorf und Karlsruhe, unternahm Kunstreisen durch Europa und galt seit den 1920er Jahren als führender Vertreter der modernen Kunst in der Region. Zudem leitete er von 1933 bis 1945 das städtische Museum im Schloss. Gleichzeitig ist seine Persönlichkeit aber auch umstritten aufgrund seiner politischen Aktivitäten in der NS-Zeit. Die Ausstellung will zum ersten Mal versuchen, dem Werk und der Person von Hanns Sprung historisch gerecht zu werden.
Hanns Sprung. verehrt – verdrängt – vergessen | Mittelrhein-Museum Koblenz | 11.6.2022–25.9.2022
Ausgangspunkt bilden die vom Künstler entwickelten Maschinen – selbstgebaute Apparaturen zwischen Spezialwerkzeug und autonomer Skulptur –, die einfache Arbeitsabläufe wie Falzen, Wickeln, Drucken oder Weben ausführen. Papier, Metall, Holz oder Kunststoffe werden so zu skulpturalen Modulen geformt – Bausteine, mit denen Beutler und seine Assistent*innen ebenso komplexe wie fragile Konstruktionen errichten, die in ihrer visionären Ambition mal an die Kristallpaläste der frühen Moderne, mal an höhlenartige „Merzbauten“ erinnern.
Beutlers Installationen können als utopische Arbeits- und Lebensmodelle verstanden werden, die den traditionellen Produktions- beziehungsweise Werkbegriff hinterfragen: Seine Werke entstehen stets vor Ort und im Team, wobei Partizipation ein wesentliches künstlerisches Prinzip ist. Maschinen ersetzen hier keine menschliche Arbeit, sondern ermöglichen alternative gemeinschaftliche Produktionsweisen. Improvisation bestimmt den offenen, dynamischen Arbeitsprozess, in dem Planung und Zufall gleichwertig nebeneinander stehen. Beutlers temporäre Interventionen unterliegen keinem vorgegebenen Gebrauchsgedanken, vielmehr eröffnen sie dem Publikum alternative Raumwahrnehmungen und laden zu Teilhabe und neuen Handlungsweisen ein.
Michael Beutler (geboren 1976 in Oldenburg, lebt und arbeitet in Berlin) studierte von 1997 bis 2003 bei Thomas Bayrle an der Städelschule in Frankfurt sowie von 2000 bis 2001 an der Glasgow School of Art.
Michael Beutler: Stardust | Wilhelm-Hack-Museum | 16.7.2022–25.9.2022
Die verheerende Hochwasserkatastrophe, die im Sommer 2021 Teile Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen heimgesucht hat, jährt sich gerade zum ersten Mal. Der Verein IsraAID Germany, der selbst in den betroffenen Gebieten Nothilfe geleistet hat und sich für den Wiederaufbau einsetzt, hat mit der Ausstellung "Flutgeschichten" eine interaktive Schau geschaffen, die nun auch in Frankenthal zu Gast ist und dort um weitere interaktive Elemente in einem Brückenschlag zur Geschichte Frankenthals und seiner Bürger ergänzt wird.
Frankenthal hat insgesamt 50.000 Euro an den Landkreis Ahrweiler und die Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler gespendet, Frankenthaler Hilfsorganisationen unterstützten die Einsatzkräfte in der Krisenregion und es gab viele weitere Initiativen aus Wirtschaft und Bevölkerung. Das Erkenbert-Museum selbst restauriert für das schwer getroffene Stadtmuseum von Bad Neuenahr-Ahrweiler mehrere Kunstobjekte.
Das Museum ruft alle Frankenthaler im Vorfeld der Ausstellung zu einer besonderen Mitmach-Aktion auf: Gesucht werden Geschichten, Fotografien und Objekte, die von der Bewältigung kollektiv erlebter Krisen wie Hochwasser, Krieg, Vertreibung und Pandemie erzählen und dem Museum für die Dauer der Ausstellung zur Verfügung gestellt werden können.
„Im Rahmen der Ausstellung sollen Bürgerinnen und Bürger in den gesellschaftlichen Diskurs über gelingende Krisenbewältigung eingebunden werden. Das Erkenbert-Museum versteht sich dabei als Ort des Dialogs und lädt ein zur Reflexion über Geschichte, Gegenwart und Zukunft. Was kann man aus Krisen im Hinblick auf die Gestaltung von Stadt, Staat und Gesellschaft lernen? Wie stärkt die gemeinsame Bewältigung von Krisen den gesellschaftlichen Zusammenhalt?“, beschreibt Museumsleiterin Dr. Maria Lucia Weigel die Intention der Aktion.
Das Landesmuseum Koblenz zeigt seit 2015 jedes Jahr die aktuelle Ausstellung des renommierten Nachwuchsförderpreises „gute aussichten - junge deutsche fotografie“. Kern des 2004 gegründeten Projektes ist ein jährlich stattfindender Wettbewerb für Abschlussarbeiten aus allen deutschen Hochschulen und Akademien, die einen Studiengang Fotografie anbieten.
Im 18ten Jahr von „gute aussichten“ wählte die achtköpfige Jury aus 72 Einreichungen von 31 deutschen Hochschulen acht Preisträger:innen aus: Max Dauven, Tamara Eckhardt, Maximillian Gessler, Alexander Kadow, Natalia Kepesz, Fiona Körner, Vanessa A. Opoku und Zoyeon.
Die aktuellen Preisträger:innen untersuchen Internet-Memes, beobachten die traurige Wirklichkeit von Kindern, beschäftigen sich mit den der Fotografie innewohnenden technischen Gegensätzen, lassen technische Bilder mittels KI verändern, erschrecken sich über die Realität von Krieg spielenden Kindern, verwundern sich über die Normierung des Lebens in Musterhausparks und setzen sich mit Fremdheit und Rassismus auseinander.
gute aussichten. junge deutsche Fotografie 2021/2022 | Landesmuseum Koblenz | 22.7.2022–1.11.2022
Genia Chef ist fasziniert von der tragischen Gewalt des Epos, dem ewigen Drama von Hassliebe, Treue und Verrat, Machtspielen und Kämpfen, die durch ihre reichen Kontraste wie geschaffen sind für graphische Interpretationen. Über 350 Illustrationen zum gesamten Nibelungentext hat der in Berlin und Spanien lebende Künstler geschaffen. Er zeichnet mit Vogelfedern und Tusche auf mit Teeflecken präpariertem papier déchiré und nutzt, wie der Kunstkritiker Mark Gisbourne in seinem Essay schreibt, den »kontrollierten Zufall« für seinen Bildzyklus. »In Chefs Zeichnungen geht es weniger um das Geschichtenerzählen als vielmehr um die Erleuchtung einer Welt.«
Galerist Marcus Diede hat die Kunstschau als Wanderausstellung konzipiert, die dem Weg der Nibelungen folgt: Nach der Eröffnung im Landesmuseum Liechtenstein startete die Nibelungentour im Siegfriedmuseum in Xanten, wo Siegfried geboren wurde. Die zweite Station war Schloss Drachenburg bei Königswinter. Hier hat Siegfried den Drachen erschlagen! Weiter ging es mit dem Schloss Sayn, der Marksburg und der Burg Pfalzgrafenstein zum Welterbekulturtag.
Ab 23. Juli gastiert die Ausstellung am wichtigsten Standort der Burgunden/Nibelungen in Worms. Im Anschluss wird sie deren Weg weitverfolgen und zum Schloss Harburg an die Donau ziehen. Danach stehen bis Ende 2023 noch Passau, Pöchlarn in Österreich, Wien und schließlich die Etzelburg bei Budapest auf dem Fahrplan. Insgesamt ist die Ausstellung drei Jahre lang an 12 besonderen Orten zu sehen. Das Land Rheinland-Pfalz, Heimat der Burgunder, ist Partner der Ausstellung.
Genia Chef: Nibelungenlied | Nibelungenmuseum & Museum Heylshof | 23.7.2022–28.8.2022
Die Ausstellung präsentiert Arbeiten aktiver und ehemaliger Mitglieder, die später in der Städtischen Galerie und im Kunstverein Speyer zu sehen sein wird. In der Kaiserslauterer Schau gibt es zudem Werke „großer Namen“ aus den Reihen der APK, die das Museum Pfalzgalerie aus seinem Bestand zur Verfügung stellt – unter anderem Hans Purrmann, August und Michael Croissant sowie Max Slevogt, der zwar offiziell kein Mitglied war, sich aber an frühen Ausstellungen der APK beteiligt hat. Somit wird ein aktueller und zugleich historischer Einblick in die reiche Kunstlandschaft der Pfalz und der mit der Pfalz verbundenen Kunstschaffenden vermittelt.
Die Jubiläumsausstellung steht unter der Schirmherrschaft von Ministerpräsidentin Malu Dreyer.